Der Mauerweg in Berlin und Brandenburg

Der Mauerweg in Berlin und Brandenburg

27.05.2010: Hintergrundinformationen zu Finanzierungsproblemen und noch offenen Lücken im Berliner Mauerweg

Der Mauerweg in Berlin und Brandenburg

Auch in diesem Jahr - mittlerweile zum 10. Mal - werden die "Mauerstreifzüge" von Bündnis 90/Die Grünen unter der Leitung der verkehrspolitischen SprecherInnen im Abgeordnetenhaus, Claudia Hämmerling und im Europa-Parlament, Michael Cramer durchgeführt. Die erste Tour findet statt am Samstag, den 29. Mai 2010 und führt vom Potsdamer Platz zum S-Bahnhof Adlershof. Die achte und letzte Etappe findet am 04. September statt und führt vom S-Bahnhof Wollankstraße zum Potsdamer Platz.

Der Berliner Mauer-Radweg wurde aus GA-Mitteln (Gemeinschaftsaufgabe Ost) finanziert, die zu 90 % aus Mitteln der Wirtschaftsförderung (u.a. EU- und Bundesmittel) und zu 10 % aus Eigenmitteln der Fahrradförderung des Landes Berlin aufgebracht wurden. Der ökonomische Effekt im Fahrradtourismus ist unbestritten. Deshalb fördert auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen dieses Projekt. Der Fahrradtourismus boomt in Deutschland seit vielen Jahren, zuletzt mit Steigerungen von etwa 20 % pro Jahr, was auch ökonomisch ist. Untersuchungen haben bestätigt, dass der Fahrradtourist pro Tag mehr Geld ausgibt als der Autotourist, was insbesondere die lokale Wirtschaft erfreut.

Der Berliner Mauer-Radweg ist ein Beispiel dafür, wie man Politik, Kultur und Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes erfahren kann. Zu Ausbau der Wegstrecke gehört auch, dass für das letzte Todesopfer an der Berliner Mauer, für Chris Gueffroy, auf Antrag der AH-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen am Britzer Verbindungskanal eine Gedenkstele errichtet wurde, die an seinem 35. Geburtstag am 21. Juni 2003 eingeweiht wurde.

Nicht nur für Chris Gueffroy, für auf alle erschossenen Flüchtlinge soll in Zukunft eine Stele aufgestellt werden. Im Süden von Berlin ist damit bereits begonnen worden, weitere werden folgen.

Der Berliner Mauerweg ist ein Vorzeige- Projekt in Deutschland und ein Beispiel dafür, dass der sanfte mit dem Städtetourismus verbunden werden kann. Er wird von der Berliner Tourismus Marketing Gesellschaft mit einem Flyer beworben. Vorträge darüber mit großem Publikumsandrang sind mittlerweile auf fast allen Fahrrad-Kongressen sehr beliebt. Sogar 5-Sterne-Hotels werben für den Mauerradweg, indem sie Fahrräder und Stadtführer zur Verfügung stellen.

Der ADFC wirbt mit dem "Berliner Mauer-Radweg" auch in diesem Jahr wieder in seiner Broschüre "Deutschland per Rad entdecken", die auch in den Konsulaten und Botschaften in englischer Sprache verteilt wird. Sie hat großen Einfluss auf den Fahrradtourismus nicht nur in Deutschland. Wir freuen uns darüber, dass der Antrag des Senats vom ADFC abermals positiv beschieden wurde.

Der "Berliner Mauer-Radweg" ist Vorbild geworden nicht nur für den 1.400 Kilometer langen "Deutsch-Deutschen-Radweg", sonder auch für den knapp 7.000 Kilometer langen "Europa-Radweg Eiserner Vorhang" (Iron Curtain Trail), der sich von der Barentssee an der norwegisch-russischen Grenze bis zum Schwarzen Meer erstreckt. Er führt durch 20 Staaten, von denen 14 Mitgliedstaaten der EU sind. Das Projekt wurde vom Europäischen Parlament (EP) auf Antrag der Grünen im Jahr 2005 beschlossen und als Ko-Finanzierungsmöglichkeit in den Haushalten seit 2006 verankert. Die Kommission hat über das Projekt drei Workshops in Warschau, Sopron (Ungarn) und Sofia durchgeführt. Das EP hat darüber auch eine Studie erstellen lassen und in diesem Jahr 600.000 Euro als Ko-Finanzierung zur Verfügung gestellt. Der "Europa-Radweg Eiserner Vorhang ist Nr. 13 der EuroVelo-Routen, für deren Aufnahme in die Transeuropäischen Netze (TEN_T) - das ist der "Bundesverkehrswegeplan" der EU - das Europäische Parlament mit großer Mehrheit votiert hat. Der Berliner Mauerweg ist nach mehr als fünfjähriger Bauzeit nahezu fertiggestellt, fahrradfreundlich ausgebaut worden und mit ca. 900 Schildern ausgewiesen. Neben den bereits erreichten Verbesserungen - wie z.B. die Beseitigung des sandigen Abschnitts vor dem Sacrower Park - ist u.a. der fahrradfreundliche Ausbau der Niederkirchnerstraße und die Route um den Dörferblick in Neukölln angekündigt worden.

Dringender Entscheidungsbedarf für den Berliner Mauerweg

Einige Maßnahmen sind jedoch noch erforderlich, bei einigen drängt die Zeit, andere kann man auch später noch erledigen. Die wichtigste Entscheidung ist zweifelsohne die Unterquerung der Dresdener Bahn in Blankenfelde-Mahlow.

Die Finanzierung für die Unterquerung der Dresdener Bahntrasse ist immer noch nicht abschließend geklärt. Zwar hat sich die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow verpflichtet, "zur Finanzierung dieses Projektes bis zu 100.000 Euro aus dem Gemeindehaushalt zur Verfügung zu stellen", was auch für die Gemeinde folgende Vorteile hat:

Für all diese Verwendungszwecke gibt es im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens - noch - die letzte Chance, die Bahntrassen-Querung im ehemaligen Grenzstreifen zu realisieren. Sie ist auch kostengünstig zu haben, wenn das Land Brandenburg - wie es der Berliner Senat getan hat - dafür die GA-Mittel in Anspruch nimmt, die zu 90 % vom Bund und von der EU und nur zu 10 % vom Land Brandenburg aufgebracht werden müssen.

Es liegt jetzt an der rot-roten Landesregierung in Brandenburg, ob die Stelen für die erschossenen Flüchtlinge in Zukunft links liegen gelassen werden oder durch die Schließung des Mauerwegs eine längst überfällige historisch-politische Würdigung erfahren.

Die Landesregierung in Potsdam - und insbesondere Wirtschaftsminister Christoffers, der die GA-Mittel verwaltet - ist nun aufgefordert, die Finanzierung für die Querung der Bahntrasse zügig zu beschließen, damit sie im laufenden Planfeststellungsverfahren für den Wiederaufbau der Dresdener Bahn und den Flughafen-Express noch berücksichtigt werden kann.

Freies Ufer am Griebnitzsee und Groß Glienicker See Probleme gibt es allerdings am Griebnitzsee und am Groß Glienicker See, weil das Land Brandenburg und die Potsdamer Stadtregierung den Uferstreifen seinerzeit nicht erworben hatten. Hätte man seinerzeit "über den Tag hinaus" (Willy Brandt) gedacht, und das Gemeinwohl höher bewertet als die Finanzmittel durch Grundstücksverkäufe, wären die Uferwege unstrittig für die Allgemeinheit und den Mauerweg zugänglich.

Würde es sich um eine Autobahn handeln - längst wären seinerzeit die Grundstücke gekauft oder enteignet worden. In Bayern werden selbst Grundstücke von Millionären enteignet, um den Zugang zu den Bayerischen Seen für die Allgemeinheit zu sichern, weil "Eigentum verpflichtet". Der Mauerweg auf dem ehemaligen Kolonnenweg muss an beiden Seen erhalten bleiben.

Ben Wagins Denkmal "Parlament der Bäume gegen Krieg und Gewalt" ist das einzige Teilstück der Mauer - und das einzige im Regierungsviertel -, das noch nicht unter Denkmalschutz steht. Die Bundesregierung als Eigentümerin des Grundstückes sollte endlich ihr Einverständnis erklären und den gültigen Bebauungsplan ändern.

Die Situation im Mauerpark ist nach wie vor unerträglich. Der fahrradfreundliche Ausbau der Kopfsteinpflasterstraße - der ist auch nötig für die Mauerparkbesucher mit Rollstuhl und Kinderwagen - wurde von CDU und PDS in der BVV Pankow abgelehnt. Das "Alternativkonzept" dieser fahrradfeindlichen Fraktionen ist weder realitätstüchtig noch finanzierbar. Ernsthaft schlug der PDS-Stadtrat Dr. Nelken sogar vor, den Fahrradverkehr über die Schönhauser Allee zu führen. Hier muss sich der Bezirk bewegen.

Die "Schiebestrecke" am Neuen See wurde beseitigt, im Sacrower Park ist aber noch nicht einmal das Schieben eines Fahrrads erlaubt. Hier muss sich die Stiftung "Schlösser und Gärten" noch bewegen, damit die Sacrower Heilandskirche in den Mauerweg integriert und - auch legal - mit dem Fahrrad erreicht werden kann.

Wenn der Mauerweg eine Straße kreuzt oder eine Brücke unterquert, sollten die Straßen und Brücken zur besseren Orientierung ausgeschildert werden. Zudem müssen einige Bordsteine an querenden Straßen noch abgesenkt werden.

Berlin/ Brüssel, 26. Mai 2010